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Höhere Produktivität in der Pulverlackproduktion

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Hier geht es schon immer bunt zu: Das Unternehmen Karl Wörwag Lack- und Farbenfabrik produziert seit Mitte der 1960er-Jahre Pulverlacke, und bis heute liegt deren Anteil bei rund 30 Prozent der Gesamtproduktion. Als im Stammwerk Zuffenhausen die räumlichen Ressourcen erschöpft waren, plante der Betreiber im nahegelegenen Renningen eine reine Pulverlackproduktionsstätte "auf der grünen Wiese“, die dann im Jahr 1996 in Betrieb ging.



„Die bestehenden Kapazitäten reichten hier zunächst auch auf längere Sicht aus, doch nach über 15 Jahren waren die Anlagen teilweise veraltet, und so kamen wir in der Produktion nach und nach an Kapazitätsgrenzen", erklärt der Wörwag-Pulverlack-Betriebsleiter Stefan Gerboth, der nach einer umfassenden Bottleneck-Analyse konstatierte: „Der Engpass lag zunächst bei den Extrudern. Kein Wunder, hier lagen wir technologisch inzwischen einige Generationen zurück. Das Hauptproblem bestand darin, dass der Extruderausstoß nicht mehr an die Chipsvermahlung angepasst war. Je nach Materialzusammensetzung produzierte der Extruder, ein Compounder aus den 1980er Jahren, vielleicht gerade mal 650 kg/h während die nachfolgende Mühle in der Lage war, locker auch 900 bis 1.000 kg/h Chips zu  Pulverlack zu verarbeiten."

Das fehlende Bindeglied
Abhilfe sollte ein Extruder der neuen Mega-Volume-Klasse des Stuttgarter Herstellers Coperion schaffen. Wobei es Wörwag nicht nur um Kapazitätsausweitung ging, auch die Dispergier-Eigenschaften mussten stimmen. Zusammen mit dem Betreiber fand Extruderexperte und Sales Manager Rolf Römer von Coperion die passende Anlage für den Pulverlack-Hersteller: „Den Doppelschneckenextruder ZSK Mega-Volume Plus hat Coperion speziell für die hohen Marktansprüche der Pulverlackhersteller entwickelt. Sein Mischverhalten ermöglicht eine ausgezeichnete Dispergierung und somit eine entsprechend hohe Produktqualität." Um die bestehende Vermahlungskapazität bedienen zu können, wurde ein ZSK54 Mega-Volume Plus installiert, der den geforderten Leistungsausstoß von 900 bis 1.100 kg/h erfüllt. Das fehlende Bindeglied zwischen Extruder und Mühle war nun noch eine geeignete Kühlanlage, die die austretende Schmelze in den geforderten Volumina verfestigen und der Mühle als Chips bereitstellen sollte. Hier kam BBA Innova ins Spiel. Denn eine der Kernkompetenzen des Unternehmens mit Sitz in Aarau sind Engineering-Lösungen, die für kontinuierliche Extrusionsprozesse zum Einsatz kommen. Das Produktportfolio umfasst applikationsabhängig von unterschiedlichen Band-, Walzen- und Raupenkühlern für die Chemie-, Toner- und Pulverlackindustrie, beinhaltet aber auch spezielle Kühler für die Pharma-, Life-Science- und Lebensmittelindustrie. Die Großwalzenkühler vom Typ CCC-xx/150 des Maschinenbauers,  die mit einer Walzenbreite von 1.500 mm in drei Größen mit einem Zylinderdurchmesser von 1.100 mm, 1.400 mm und 1.800 mm und einer Leistung zwischen 800 und 2.500 kg/h erhältlich sind, erfüllten in Bezug auf Effizienz und Produktivität bei der Kühlung und Weiterverarbeitung viskoser Massen die Anforderungen des Pulverlack-Herstellers. Im konkreten Fall entschieden sich die Beteiligten für den Walzenkühler CCC-110/150 mit seinem Durchsatzvermögen bis 1.100 kg/h. Der Hersteller blieb bei der Entwicklung der Großkühler seiner Systemtechnik treu, wie Hans-Jürgen Schmotzer, Vertriebsmanager bei BBA Innova, ausführt: „Das Produkt wird mit höchstmöglichem Umschlingungswinkel und einer sehr guten Flächenausnutzung über eine Quetschwalze der Kühltrommel zugeführt und mit einem Band an die gekühlte Walzenoberfläche gepresst. Dabei werden unsere Cooler nicht von komplizierter Mechanik bestimmt, sondern überzeugen durch praktische Handhabung - auch zugunsten schneller Produktwechsel. Die bewusst konzipierte, leichte Zugänglichkeit von allen Seiten verkürzt die Standzeiten bei Reinigungs- oder Wartungsarbeiten und garantiert eine hohe Anlagenverfügbarkeit."

Operation am offenen Herzen
Auch darauf legt Gerboth als Wörwag-Betriebsleiter in Renningen großen Wert - wenngleich häufigere Produktwechsel eher bei Linien mit kleineren bis mittleren Chargen ins Gewicht fallen. Gerade bei Anlagen mit höherem Durchsatz plane man im Pulverlack die Prozesse von vornherein so, dass sie vom Farbton und der chemischen Verträglichkeit her zusammenpassen, um die hohe Effizienz und Verfügbarkeit der Maschinen nicht durch häufige Totalreinigungen zu hemmen. „Trotzdem muss natürlich eine Maschine wie der große Walzenkühler reinigungsfreundlich und leicht zugänglich gebaut sein." Und ausgerechnet hier, also nicht prozessseitig, gab es anfangs ein kleineres Problem. „Beim Verfahren des Kühlers für Reinigungsarbeiten ist uns einmal die Antriebswelle gerissen, weil das Drehmoment zum Bewegen des schweren Großkühlers zu plötzlich und einseitig auf die Antriebswelle gewirkt hat. Die Kollegen von BBA Innove hatten das Problem aber innerhalb kurzer Zeit mit einem entsprechenden Frequenzumrichter gelöst", erinnert sich Gerboth. „Dies war das einzige Problem während der gesamten Installation und Einführungsphase des Coolers. Ansonsten lief alles wie am Schnürchen." Das erscheint umso wichtiger, als der Austausch der Linie für ihn eine „Operation am offenen Herzen" war. Immerhin betraf es die Linie mit dem größten Produktionsausstoß. Und diese „Aorta" quasi bei laufender Produktion auszutauschen, ist für jedes Unternehmen eine Herausforderung. Natürlich sorge man mit dem Aufbau entsprechender Lagerkapazitäten vor, um nicht womöglich - im worst case - einen Lieferabriss beim Kunden zu bekommen, aber „irgendwann musst Du den Stecker ziehen", so Stefan Gerboth. Um etwaige Risiken beim Neuaufbau der Linie zu minimieren, wurden in erster Linie zwei Maßnahmen ergriffen: Zum einen gab es sowohl mit Coperion für den Extruder wie auch mit BBA Innova für den Cooler intensive Vorbereitungsgespräche und genaue Messungen für die Standplatzlayouts, da beide Anlagen signifikant größer als ihre jeweiligen Vorgänger sind. „Außerdem haben wir im Technikum von Coperion in Stuttgart und auch im BBA-Innova-Technikum in Düdingen Vorversuche mit eigenem Rohmaterial gefahren, um zu sehen, welche Ergebnisse wir dabei erzielen", erklärt Stefan Gerboth. Zum anderen folgte man beim Aufbau der Linie einem ausgeklügelten Zweistufenplan: Zunächst wurde im Januar 2014 der neue Extruder aufgebaut und die nötigen Inbetriebnahme-Tests noch mit dem bestehenden älteren Kühlaggregat gefahren. Hätte das Team beide Anlagenkomponenten gleichzeitig installiert, und es wären beispielsweise Probleme beim Einrichten des Extruders aufgetreten, wären somit auch die Echtzeit-Tests mit dem neuen Großkühler ausgefallen. Betriebsleiter Gerboth: „Wir haben zunächst sämtliche Produktmischungen über den Extruder laufen lassen. Erst als alle Ergebnisse einwandfrei waren, habe ich grünes Licht gegeben, den Cooler auszutauschen." Das erfolgte dann zwei Monate später.

Bedienerfreundlichkeit durch Austausch
Natürlich ist in dieser Phase die Zusammenarbeit zwischen dem Kunden und seinen Lieferanten besonders intensiv. Gerboth hebt hier sein gesamtes Team, insbesondere Stefan Kühn, Leiter der Werkstechnik und Instandhaltung für Pulverlacke, und Sergej Wiebe, Produktionsleiter Werk Renningen, hervor, die intensiv in den Aufbau der neuen Linie mit einbezogen waren und als Bindeglied zwischen Betreiber und den beiden Maschinebau-Partnern fungierten. Ein Vorteil ist in diesem Zusammenhang sicherlich, dass die letztgenannten schon häufiger ihre ineinandergreifenden Anlagen gemeinsam bei Kunden realisiert haben und auch als Kooperationspartner auftreten. Wichtig für den Pulverlack-Hersteller war in der Retrospektive auch die prompte Erfüllung spezieller Anforderungen und Wünsche. Oft sei es da um vermeintlich kleinere Änderungen gegangen, beispielsweise ob die Tür eines Schaltschranks nach links oder rechts öffnet oder wie der Schwenkarm für das Touch Panel platziert wird. Für die Mitarbeiter, die später die Anlage tagtäglich bedienen, haben Bedienerfreundlichkeit und Ergonomie indes einen sehr hohen Stellenwert. Das Projekt war auch deshalb besonders, da Wörwag den ersten Großkühler von BBA Innova, also sozusagen die Nullserie, installieren ließ: „Wir haben in den letzten 20 bis 25 Jahren ausschließlich Kompakt-Walzenkühler von BBA gekauft, was man sicherlich als hinreichende Geschäftsgrundlage und Vertrauensbasis bezeichnen kann", kommentiert Gerboth. BBA-Innova--Inhaber und Chefingenieur Urs Kirchhofer freut sich natürlich, solche Industriepartner zu haben: „Sämtliche Produkte werden von unseren Entwicklern und Ingenieuren bis hin zur Serienreife getestet, geprüft und abgenommen. So auch bei unseren neuen Großkühlern. Doch beim letzten Schritt in den Echtbetrieb mit allen Konsequenzen können wir natürlich nur begleitend wirken. Deshalb sind wir immer dankbar, wenn unsere Innovationen mit aufgeschlossenen Kunden bis zum letzten i-Tüpfelchen zur endgültigen Produktionsreife gebracht und erfolgreich im Markt platziert werden."

Fazit
Bei dem Betreiber aus Zuffenhausen ist das durchaus gelungen: „Die Installation der neuen Produktionslinie, der Aufbau neuer Fertigungskapazitäten mit den geeigneten Anlagenkomponenten war eine wichtige Investition in die Zukunft. So können wir unsere Planungssicherheit erhalten und bleiben von den Kosten her langfristig wettbewerbsfähig", ist Betriebsleiter Gerboth überzeugt. Im Übrigen bildet die 35-prozentige Kapazitätssteigerung auf der neuen Linie noch nicht den ganzen Vorteil der Investition ab. Denn für die ausgetauschten Anlagen gibt es jederzeit noch Ersatzteile. Sie wurden deshalb nicht etwa verschrottet, sondern verrichten nun auf einer anderen Linie für kleinere und mittlere Chargen ihren Dienst. Gerboth: „Für uns war das Investment also zusätzlich auch ein Stück Bestandssicherung."

Entscheiderfacts
Für Betreiber

  • Eine Lack- und Farbenfabrik im württembergischen Renningen wollte sich für die Zukunft rüsten und eine weitere Produktionslinie in Betrieb nehmen.
  • In enger Zusammenarbeit mit zwei Maschinenbauern entwickelte der Betreiber eine Lösung, mit der er den gewünschten Ausstoß zu wettbewerbsfähigen Preisen realisieren konnte.
  • Gegenüber der bisherigen Anlage konnte der Betreiber seine Produktivität mit der neuen Pulverlack-Produktionslinie um 30 bis 35 % erhöhen.

Hier gelangen Sie zum Hersteller des Walzenkühlers.

In unserem Ressort 'Thermische Verfahren' finden Sie weitere Beiträge zum Themenbereich.


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